Hier gibt es den ein oder anderen Tipp, der helfen kann, das Zusammenleben im Mensch/Hund-Team zu erleichtern. Außerdem berichten wir hier immer mal wieder von kleinen und großen Erlebnissen in der Hundeschule.
Aus der Hundeschulpraxis
Mein Hund zieht an der Leine. Was kann ich dagegen tun?
Dies ist eine der meistgestellten Fragen von Hundehalter*innen (im Folgenden der Einfachheit halber ‘Hundehalter‘ genannt) an uns. Die Antwort ist einfach und doch für viele erst einmal schwer nachzuvollziehen: Es gibt keine schnelle Lösung. Es gibt nicht die eine, ultimative Technik. Jeder Hundehalter, der das Problem des Leineziehens kennt, hat mit Sicherheit bereits das Internet befragt und findet eine unüberschaubare Zahl an gut gemeinten Tipps und Tricks: Leine in der linken/rechten Hand, Stehenbleiben, Umdrehen, Blocken, Halti, Rütteldose, mit Futter locken … und mehr. Letzten Endes kann, je nach Hunderasse, Alter, Vorgeschichte und bereits Erlerntem usw. jede einzelne dieser Techniken funktionieren … oder aber leider auch nicht bzw. in den meisten Fällen nicht auf Dauer!
Eine Technik ist eine Abfolge von einzelnen Schritten, nicht mehr und nicht weniger. Diese Abfolge berücksichtigt jedoch nicht die jeweilige individuelle Beziehungs- und Kommunikationsstruktur zwischen Mensch und Hund. Ein schönes Beispiel ist ein sich vertrautes Tanzpaar: beide harmonieren wunderbar miteinander, die Bewegungen gehen ineinander über und beide schweben mit einer Leichtigkeit und einem entspannten Gesichtsausdruck über die Tanzfläche.
Dieses Bild des Miteinanders kann man nicht mit einer Technik und einer Abfolge von Einzelschritten erreichen, sondern es gehört viel Übung und Training dazu. Und noch einiges mehr: Grenzen erkennen und setzen, Harmonie untereinander herstellen, Wohlwollen einander gegenüber erarbeiten, Führung regeln (= wer führt und wer lässt sich führen) sowie ein sich aufeinander einlassen. Und das alles sieht bei jedem Tanzpaar und bei jedem Mensch/Hund-Team anders aus, denn jedes Team hat eine eigene Beziehungsstruktur. Jedes einzelne Mensch/Hund-Team braucht individuelle Schritte, um das Ziel der Leinenorientierung, besser gesagt: die Orientierung des Hundes an seinem Menschen zu erreichen.
Wenn man’s mal ganz genau nimmt: es gibt einen kleinen, aber feinen Unterschied zwischen der ‘Leinenführigkeit‘ und der ‘Orientierung an der Leine/Leinenorientierung‘. Beides sieht äußerlich ähnlich aus. Die Leinenführigkeit ist eher eine formalistische, von außen sichtbare Form des Gehens und kann sicher kurzfristig durch eine der oben genannten Techniken (mit Futter oder Spielzeug locken, permanentes Ansprechen des Hundes usw.) erreicht werden. Leider ist dies in den allermeisten Fällen nicht von Dauer und der Hund ist bei der erstbesten Ablenkung oder beim Treffen seines Hundekumpels geneigt, das Futter bzw. die Ansprache in Frage zu stellen und als nicht mehr als für ihn wichtig genug zu erachten.
Die Orientierung an der Leine sieht dagegen so aus, dass eine Verhaltensanpassung des Hundes am Menschen sichtbar und für das Team fühlbar ist, z.B. ähnliche Bewegungen, gleiches Tempo, Seitenblicke des Hundes und Ohrenspiel. Der Hund konzentriert sich vorwiegend auf das Tun seines Menschen, folgt ihm mit Freude und nimmt Außenreize nur bedingt war bzw. er ist in der Lage sich für die Nähe zu seinem Menschen zu entscheiden, auch wenn es eine für ihn interessante Ablenkung gibt. Der Hund hat also gelernt, dass es sich lohnt, auf seinen Menschen zu achten.
Aber wie kommt man da hin? Wie schon am Anfang erwähnt: eine schnelle Lösung gibt es nicht. Der Weg dahin ist kleinschrittig und komplex und betrifft viele Bereiche im täglichen Miteinander (Verhältnis Nähe und Distanz, häusliches Programm, Arbeiten an Entspanntheit, Ruhe, Ausgeglichenheit und Führungskompetenz des Halters). Letztendlich ist die Frage „wie geht der Hund an der Leine?“ das Spiegelbild der jeweiligen Mensch-Hund Beziehung (… oder aber, das gibt es ja auch, der Hund zieht grundsätzlich nicht).
Es geht vor allem darum, dass der Hund lernt, seinen Menschen ernst zu nehmen, wenn es um Entscheidungen geht, was er darf oder soll und was nicht. Wenn diese Basis gelegt ist und geklärt ist, dass der Mensch führt, die Verantwortung übernimmt und der Hund weiß, dass es sich lohnt, sich an seinem Menschen zu orientieren, braucht es im besten Fall nicht mal eine Technik der Leinenführung.
Zum Schluss noch zur Frage: warum zieht der Hund überhaupt an der Leine?
Weil er Erfolg damit hat und es sich für ihn lohnt! Weil er dahin will, wo es etwas Interessantes für ihn gibt. Nach ein paar Wiederholungen entsteht ein Lerneffekt: „ich muss nur lange genug ziehen, dann folgt mir mein Mensch und dann komm ich dahin, wo ich hin will … und kann schnuppern, markieren und das tun, was mir gerade wichtig ist“. Der Hund übernimmt die Führung und der Halter orientiert sich im Endeffekt an seinem Hund, was unter Umständen zu weiteren Problemen in der Mensch/Hund-Beziehung führt.