Aus der Hundeschulpraxis

Hier gibt es den ein oder anderen Tipp, der helfen kann, das Zusammenleben im Mensch/Hund-Team zu erleichtern. Außerdem berichten wir hier immer mal wieder von kleinen und großen Erlebnissen in der Hundeschule.

Lecker, lecker Leckerli ... oder tut's auch ein verbales Lob?

Wäre nicht auch ein verbales Lob mal ein sinnvoller oder vielleicht sogar der sinnvollerer Verstärker?

Eine Studie bestätigt: „so verfressen manche Hunde sein mögen, die Mehrheit von ihnen zieht offenbar ein soziales Lob einem Leckerli vor. Das jedenfalls zeigt der Blick mit dem Scanner in ihr Hirn: Areale, die mit dem Belohnungssystem zusammenhängen, werden messbar stärker aktiviert, wenn der Vierbeiner ein menschliches Lob erwartet, als wenn zur Belohnung ein Stückchen Wurst winkt. Das berichten Forscher um P. Cook (2016) von der Emory University in Atlanta.

Die Wissenschaftler luden 15 Hunde ein, die darauf trainiert waren, in der Röhre des fMRT stillzuhalten. Alle Tiere wurden nun auf folgenden Zusammenhang konditioniert: Bekam der Hund ein Spielzeugauto gezeigt, folgte ein Lob seines Halters, bei einem Spielzeugpony gab es an der Spitze eines Stocks ein Stück Hotdog gereicht, und wurde ihm eine Bürste präsentiert, geschah nichts weiter.

An der Aktivierung des so genannten Nucleus caudatus lässt sich ablesen, wie stark ein Hund auf die zu erwartende Belohnung reagiert. Bei 13 von 15 Hunden war diese Stelle bei der Aussicht auf ein soziales Lob genauso aktiv oder aktiver als im Wurst-Fall. Diese Unterschiede ließen sich anschließend auch außerhalb des Scanners dingfest machen. Die Forscher bauten dazu einen Parcours, der in einer Weggabelung endete. Am Ende des einen Wegs befand sich ein Fressnapf, am Ende des anderen standen Halter*innen zum Kraulen bereit. Auch hier liefen die Hunde umso eher Richtung Streicheleinheit, je empfänglicher sie sich im Hirnscanner für menschliches Lob gezeigt hatten.“
https://www.spektrum.de/news/lieber-lob-als-leckerli/1419931

Sicher spielen auch Aufzucht, Erziehungsstand, Lernerfahrung, aktuelle Erwartungshaltung, Verfügbarkeit von Ressourcen usw. eine Rolle, Aber Hunde sind soziale Wesen und für viele Hunde sind ihre Halter*innen der wichtigste soziale Bezugspunkt. Daher ist deren soziale Zuwendung und Anerkennung (also auch ein verbales Lob) ein grundlegendes Bedürfnis der Hunde.

Hundeschulreise 2023

16.09.2023 - 23.09.2023

Nach 3 Jahren Pause fand sie endlich wieder statt: unsere Hundeschulreise! Im September 2023 ging es nach Cardet, Department Gard, Region Okzitanien. Hier haben wir ein kleines "Juwel" als Aufentshaltsort gefunden, das wunderbar zu einem "Mensch/Hunde-Team Urlaub mit großem Genuß-, Spaß-, Kultur-, Übungs- und Lernpotenzial" passte.

Die Rollenverteilung unter Hunden (und Menschen)

Für Hunde gibt es in ihrem Leben nur zwei mögliche Rollen: führen oder folgen … man könnte auch sagen: schwarz oder weiß … einfach für die Hunde aber ziemlich schwer für den Mensch, denn Menschen haben gegenüber Begriffen wie „Führung“, „Dominanz“ oder „Kontrolle“, oftmals eine nicht ganz wertfreie oder gar negative Einstellung. Dem gegenüber stehen die ebenfalls nicht positiv besetzten Worte wie „folgen“, „unterordnen“ oder „gehorchen“.

Dabei sind die oben genannten Begriffe in der Tierwelt jedoch völlig neutral, so wie z.B. „fressen", „schlafen" oder „verpaaren". Sich „unterzuordnen“ oder zu „folgen“, bedeutet unter Hunden weder zu verlieren noch einen geringeren Wert als andere zu haben. Es beschreibt lediglich die zugewiesene Position und auch die vom Hund gewünschte Stellung innerhalb eines Rudels/Verbandes.

Durch die (ungefragte) Integration des Hundes in unseren modernen und schnell-lebigen Alltag, muss er sich in einem Umfeld bewegen, das er nicht kennt und auf das er nicht vorbereitet ist … und nicht seiner eigentlichen Natur entspricht. Aus diesem Grund muss der Mensch hier aktiv werden und die Führung übernehmen.

Führung heißt in diesem Fall z.B.: Verantwortung für das Mensch/Hund-Team übernehmen, Sicherheit garantieren, Bedürfnisse vom Hund als auch vom Menschen erkennen und ein gemeinsames Ziel vorgeben.

Hunde nehmen diese Führung dankbar an, denn nicht selten sind sie damit über-fordert, wenn man ihnen Entscheidungen überlässt. Sie neigen dann zur Unruhe, Überdrehtheit und Aggression.

Hunde wirken oft erleichtert, wenn sie von der Führung entbunden werden und folgen dürfen. Folgen bedeutet für sie: Orientierung, Vertrauen, Sicherheit, Verbundenheit, Klarheit und Leichtigkeit.

Mein Hund zieht an der Leine. Was kann ich dagegen tun?

Dies ist eine der meistgestellten Fragen von Hundehalter*innen (im Folgenden der Einfachheit halber ‘Hundehalter‘ genannt) an uns. Die Antwort ist einfach und doch für viele erst einmal schwer nachzuvollziehen: Es gibt keine schnelle Lösung. Es gibt nicht die eine, ultimative Technik. Jeder Hundehalter, der das Problem des Leineziehens kennt, hat mit Sicherheit bereits das Internet befragt und findet eine unüberschaubare Zahl an gut gemeinten Tipps und Tricks: Leine in der linken/rechten Hand, Stehenbleiben, Umdrehen, Blocken, Halti, Rütteldose, mit Futter locken … und mehr. Letzten Endes kann, je nach Hunderasse, Alter, Vorgeschichte und bereits Erlerntem usw. jede einzelne dieser Techniken funktionieren … oder aber leider auch nicht bzw. in den meisten Fällen nicht auf Dauer!

Eine Technik ist eine Abfolge von einzelnen Schritten, nicht mehr und nicht weniger. Diese Abfolge berücksichtigt jedoch nicht die jeweilige individuelle Beziehungs- und Kommunikationsstruktur zwischen Mensch und Hund. Ein schönes Beispiel ist ein sich vertrautes Tanzpaar: beide harmonieren wunderbar miteinander, die Bewegungen gehen ineinander über und beide schweben mit einer Leichtigkeit und einem entspannten Gesichtsausdruck über die Tanzfläche.

Dieses Bild des Miteinanders kann man nicht mit einer Technik und einer Abfolge von Einzelschritten erreichen, sondern es gehört viel Übung und Training dazu. Und noch einiges mehr: Grenzen erkennen und setzen, Harmonie untereinander herstellen, Wohlwollen einander gegenüber erarbeiten, Führung regeln (= wer führt und wer lässt sich führen) sowie ein sich aufeinander einlassen. Und das alles sieht bei jedem Tanzpaar und bei jedem Mensch/Hund-Team anders aus, denn jedes Team hat eine eigene Beziehungsstruktur. Jedes einzelne Mensch/Hund-Team braucht individuelle Schritte, um das Ziel der Leinenorientierung, besser gesagt: die Orientierung des Hundes an seinem Menschen zu erreichen.

Wenn man’s mal ganz genau nimmt: es gibt einen kleinen, aber feinen Unterschied zwischen der ‘Leinenführigkeit‘ und der ‘Orientierung an der Leine/Leinenorientierung‘. Beides sieht äußerlich ähnlich aus. Die Leinenführigkeit ist eher eine formalistische, von außen sichtbare Form des Gehens und kann sicher kurzfristig durch eine der oben genannten Techniken (mit Futter oder Spielzeug locken, permanentes Ansprechen des Hundes usw.) erreicht werden. Leider ist dies in den allermeisten Fällen nicht von Dauer und der Hund ist bei der erstbesten Ablenkung oder beim Treffen seines Hundekumpels geneigt, das Futter bzw. die Ansprache in Frage zu stellen und als nicht mehr als für ihn wichtig genug zu erachten.

Die Orientierung an der Leine sieht dagegen so aus, dass eine Verhaltensanpassung des Hundes am Menschen sichtbar und für das Team fühlbar ist, z.B. ähnliche Bewegungen, gleiches Tempo, Seitenblicke des Hundes und Ohrenspiel. Der Hund konzentriert sich vorwiegend auf das Tun seines Menschen, folgt ihm mit Freude und nimmt Außenreize nur bedingt war bzw. er ist in der Lage sich für die Nähe zu seinem Menschen zu entscheiden, auch wenn es eine für ihn interessante Ablenkung gibt. Der Hund hat also gelernt, dass es sich lohnt, auf seinen Menschen zu achten.

Aber wie kommt man da hin? Wie schon am Anfang erwähnt: eine schnelle Lösung gibt es nicht. Der Weg dahin ist kleinschrittig und komplex und betrifft viele Bereiche im täglichen Miteinander (Verhältnis Nähe und Distanz, häusliches Programm, Arbeiten an Entspanntheit, Ruhe, Ausgeglichenheit und Führungskompetenz des Halters). Letztendlich ist die Frage „wie geht der Hund an der Leine?“ das Spiegelbild der jeweiligen Mensch-Hund Beziehung (… oder aber, das gibt es ja auch, der Hund zieht grundsätzlich nicht).
Es geht vor allem darum, dass der Hund lernt, seinen Menschen ernst zu nehmen, wenn es um Entscheidungen geht, was er darf oder soll und was nicht. Wenn diese Basis gelegt ist und geklärt ist, dass der Mensch führt, die Verantwortung übernimmt und der Hund weiß, dass es sich lohnt, sich an seinem Menschen zu orientieren, braucht es im besten Fall nicht mal eine Technik der Leinenführung.

Zum Schluss noch zur Frage: warum zieht der Hund überhaupt an der Leine?

Weil er Erfolg damit hat und es sich für ihn lohnt! Weil er dahin will, wo es etwas Interessantes für ihn gibt. Nach ein paar Wiederholungen entsteht ein Lerneffekt: „ich muss nur lange genug ziehen, dann folgt mir mein Mensch und dann komm ich dahin, wo ich hin will … und kann schnuppern, markieren und das tun, was mir gerade wichtig ist“. Der Hund übernimmt die Führung und der Halter orientiert sich im Endeffekt an seinem Hund, was unter Umständen zu weiteren Problemen in der Mensch/Hund-Beziehung führt.

Eine Ruhezone für deinen Hund ... macht das Sinn?

Sollte es für deinen Hund im Haus eigentlich eine Ruhezone geben? Oder ist es doch letzten Endes vollkommen egal … Hauptsache, er liegt, wo und wie lange er will.

Grundsätzlich brauchen Hunde mehr Schlaf als wir Menschen. Junghunde und aufgeweckte, hippelige Hunde und alte Hunde sogar noch mehr als erwachsene Hunde. Im Ruhezustand kann der Hund Eindrücke und Erlerntes im Alltag verarbeiten, sich erholen und Stress abbauen. Daher ist es wichtig, dass wir für unsere Hunde optimale Voraussetzungen schaffen, damit sie ausreichend und tiefe Entspannung und Ruhe finden.

Doch der Alltag sieht häufig so aus: der Hund legt sich irgendwo hin, z.B. in den Flur, unter den Tisch, in sein Körbchen und er sieht aus, als würde er schlafen. ABER: meistens döst er vor sich hin, die Ohren bewegen sich bei bestimmten Geräuschen, er blinzelt hin und wieder … er kriegt also alles mit, was um ihn herum passiert, damit er, wenn er es für wichtig hält, blitzschnell reagieren kann und die Lage abchecken kann. FAZIT: der Hund ruht nicht wirklich, sein Gehirn ist stets aktiv und sein Körper unter einer gewissen Anspannung, trotz der vermeintlichen Ruhephase. Das angeborene Ruhebedürfnis des Hundes kommt so abhanden und wir haben dann mit hoher Wahrscheinlichkeit einen gestressten, unausgeglichenen und „unter Strom stehenden“ Hund.

Es ist also die Aufgabe des Menschen, dafür zu sorgen, dass das Ruhebedürfnis (18 – 20 Stunden, Welpen ca. 22 Stunden) seines Hundes erfüllt bzw. wiedererlangt wird, damit er ein gesundes und ausgeglichenes Leben führen kann. Daher den Schlaf- und Ruheplatz am besten in einer reizarmen Umgebung, weit genug weg vom Alltagstrubel, aufstellen. Auch kann eine eigene, abtrennbare Ruhezone, z.B. eine Box oder ein Zimmer, sinnvoll sein, in der der Hund wirklich zur Ruhe kommt, also schlafen und entspannen kann. Wie oft und wie lange ist abhängig vom jeweiligen Hundetyp.

Es gibt noch einen weiteren Grund, warum eine Ruhezone sinnvoll ist!

Kann ein Hund eigenständig wählen, sich irgendwo hinzulegen, wählt er meist einen für sich strategisch günstigen Ort, von dem aus er alles im Blick hat und jederzeit agieren kann (Folge: er kommt nicht zur Ruhe s.v.).

Das bedeutet aber auch: der Hund entscheidet, nimmt Raum ein und verwaltet diesen und verfolgt schlechtesten Falls dann auch seinem Menschen auf Schritt und Tritt.

Unter Hunden ist in der Regel derjenige der Überlegene, der sich seinen Raum nehmen kann. Dann wird schnell klar, wer Regeln aufstellt beziehungsweise wer den Ton angibt. Akzeptieren andere Hunde dieses raumgreifende Verhalten, dann akzeptieren sie ebenso dessen übergeordnete Position und lassen sich entsprechend leicht lenken.

Wenn wir Menschen diese Regel (auch) im häuslichen Bereich auf unsere Hunde anwenden und bewusst Raum verwalten, dem Hund also klar machen, dass er sich für eine bestimmte Zeit auf einen bestimmten Ruheplatz begeben soll, dann wird es auch leichter sein, ihn draußen in schwierigeren Situationen zu lenken.

Überlässt der Mensch die Entscheidung dem Hund, kommuniziert er dem Hund damit, dass er sich raushält und er mit bestimmten Situationen allein klarkommen muss. Jedoch sind die meisten Hunde damit überfordert.

Es ist daher wichtig, dass der Mensch nicht nur draußen, sondern auch im häuslichen Bereich Grenzen setzt und der Hund diese lernt zu akzeptieren. Die gezielte Verwaltung von Raum durch den Menschen im Häuslichen, also z.B. dem Hund eine entsprechende Ruhezone zuzuweisen, trägt dazu bei, dem Hund auch draußen bei stärkeren Außenreizen die entsprechende Orientierung am Menschen geben zu können.